Blickwinkel

Mittwoch, 28. Juni 2006

Kollateralschäden

So, jetzt haben auch die Ärzte entdeckt, wozu eine "Gewerkschaft" gut sein kann. Dazu kann man sich ja die differenziertesten Meinungen bilden. Da es mir in diesem Eintrag nicht um meine völlig ausdifferenzierte Meinung zu diesem Streik geht, hier nur der Vollständigkeit halber die 5-Punkte-Variante:
Ich halte a) den Marburger Bund nicht für eine Gewerkschaft, weil er b) nur die Interessen eines Berufsstandes vertritt, der c) unverschämte finanzielle Forderungen stellt, und das d) sehenden Auges, dass sie damit dem restlichen überwiegendem Teil des Krankenhauspersonals in die Taschen greift, weil sie e) noch lange nicht geschnallt haben, das sie keine Halbgötter, sondern Mitglieder eines komplexen Teams sind, in dem keiner ohne den anderen kann.

Am Freitag sind unsere 2 Halbgöttinnen über die Station gehüpft und haben freudig in jeden zweiten Satz die Info eingehäkelt, das sie ja ab Montag streiken. Mädels, falls es euch da noch nicht aufgefallen ist: der Rest überwiegende Teil der Anwesenden konnte und wollte dafür keine Begeisterung aufbringen.

Andererseits war die Aussicht auf eine Woche selbstständige Arbeitsausgestaltung durchaus verlockend. "War" wohlgemerkt. Denn das die unfähigste Ärztin_wo_gibt unter dem Umstand, das all ihre Kollegen in den Ausstand treten (weils hier gerade so gut passt: für Streiktage erhält man keinen Lohn, liebe medizinische Kollegen, das war noch nie anders), sich zur Retterin der ganzen Abteilung aufschwingt, das konnte beim besten Willen niemand voraussehen.
Das nenne ich mal "die Härte eines Streiks" in der perversesten Version, denn normalerweise fangen ihre KollegInnen den gröbsten non-sense den sie verzapft ab.

Diese jetzt ungebremste Inkompetenz, die stinkt mich noch mehr an als die Profilneurose von Hr. Montgomery.

Samstag, 24. Juni 2006

Deutungshoheit

Man lese als Beispiel diesen Spiegel-Artikel über die geplante Streichung von 5000 Arbeitsplätzen im Allianz-Konzern. In dem Bewußtsein um die Macht wohl gewählter Wort vergleiche man die verschiedenen Bezeichnungen:

Michael Sommer, Vorsitzender des DGB, bezeichne man als "Boss", mittlerweile eine gängige Beschreibung für Gewerkschaftsvorsitzende. Mit dem Begriff "Boss" kann man wunderbar implizieren, das bewußter Herr Sommer patriarchisch und nach eigenem Gutdünken seine Organisation führt (will man noch etwas mehr Amateurcharakter hervorrufen, kann man für den Begriff "Organisation" ersatzweise auch "Verein" gebrauchen).

Auf Seiten seiner Adressaten, der Allianz AG, nenne man am besten keine Namen, sondern benutze den vagen Begriff "die Manager". Das hat sowas Modernes, Funktionelles, beinahe schon Wissenschaftliches. Das diese Manager in ihrer Funktion und Arbeitsweise viel mehr an ursprüngliche Bosse erinnern, haben wir also schon galant ausgemerzt.

Um der Kritik von Hr. Sommer noch weiter die Substanz zu entziehen, benötigt man nach Möglichkeit etwas Emotionalität und eine anachronistische Begrifflichkeit. Die Emotionalität bedienen wir mit "Empörung", und im Zusammenhang mit Gewerkschaften passt das Wort "Klassenkampf" zum Glück fast immer hervorragend. "Klassenkampf", das hat was von Arbeiterkampfbund, großen Fabriken, Bergwerken, dreckiger Arbeit, roten Fahnen, Ernst Thälmann und Weimarer Republik, heute sind wir doch so viel weiter.

Zugegeben, sich auf Begriffe wie "Vaterland" zu stützen, ist nun auch nicht sehr geschickt von Hr. Sommer, aber Nationalstolz wird derzeit ebenso gerne von der Politik rauf und runter zitiert.

Was vom Text noch übrig bleibt? Leider nur die Fakten, aber die sind ja eigentlich langweilig: die Allianz AG macht Gewinne im Milliardenbereich und streicht auf der anderen Seite 5000 Arbeitsplätze in der Absicht, nächstes Jahr noch mehr Gewinne zu machen. Hinzu kommt noch die geplante Halbierung der Körperschaftssteuer für Unternehmen, und das gerade jetzt, wo Deutschland als einziger EU-Staat schon wieder nicht in der Lage ist, die Neuverschuldungshöchstgrenze nach EU-Abkommen einzuhalten, zum 4. oder 5.(?) Jahr in Folge.
Ganz so unrecht hat Hr. Sommer gar nicht, wenn er die Frage nach nationaler Verantwortung in den Raum stellt: im letzten Quartalsbericht der Allianz ist nachzulesen, das man eine Rechtsformänderung anstrebt und bald als Societas Europeas firmieren wird. Damit ist es unter anderem wesentlich leichter, den Hauptsitz in ein beliebiges Mitgliedsland der EU zu verlegen.

Und mir stellt sich die Frage, was jetzt bedenklicher ist:
5000 Arbeitsplätze weniger, zwar nicht unbedingt Entlassungen, aber zumindest in naher Zukunft 5000 Möglichkeiten weniger für Arbeitslose und/oder Jugendliche, einen Arbeitsplatz zu finden, und 5000 Einzahler in die gesetzlichen Versicherungssysteme weniger...
oder die Auseinandersetzung mit vielleicht doch nicht so anachronistischen Begriffen.

Ich tendiere dazu, ersteres bedenklicher einzuschätzen, aber ich bin ja auch ein "hoffnungsloser Sozialromantiker"...

Dienstag, 16. Mai 2006

the tipping point

So lautet der Name eines Buches, dass ich vor ein paar Jahren gelesen habe, und darin wird hauptsächlich die Wirkung von Werbung untersucht. Die Intention des Autors liegt wohl neben dem Verkauf des Buches auch darin, herauszuarbeiten, wie man Werbung möglichst effektiv gestaltet. Meine Intention, dass Buch zu lesen, war einerseits begründet in meinem Interesse an soziologischen und psychologischen Versuchen, und andererseits wollte ich auch mehr über das Thema wissen, um mich von allzu viel Beeinflussung freischwimmen zu können, nach dem Prinzip "know your enemy". Ich bin nämlich durchaus der Überzeugung, das es einen großen Teil des menschlichen Lebens geben sollte, der nicht durch die Wirtschaft und ihre Produkte beeinflusst wird, was heutzutage zugegebenermassen recht schwierig ist.

Auch die Blogger-Szene wird von der Industrie als Werbe- und Absatzplattform verstärkt wahrgenommen. Und so kommt jetzt, was kommen musste: überdurchschnittlich bekannte Blogger bekommen kostenlos Produkte zur Verfügung gestellt, über deren tägliche Verwendung (bzw. die Erlebnisse damit) sie dann bloggen. Nun ja, ich glaube nicht, das die Lesenden dadurch direkt beeinflusst werden, aber über die Kommentare und Verlinkungen wird eine Bekanntheit geschaffen. Und schliesslich gilt der Grundsatz, das die einzig schlechte Werbung gar keine Werbung ist. Wenn sich dieser Versuch als erfolgreich erweist, dann ist es um die Neutralität (die Streubreite der subjektiven Meinungsäusserung erreicht in ihrer Vielfalt auch eine Form von Neutralität) geschehen und ein "Markt" eröffnet.

Ich vermeide es absichtlich, weder die Firma, das Produkt noch die quasi vorgespannten Blogger zu erwähnen oder zu verlinken. Das geschieht nicht aus Unhöflichkeit, sondern letztlich nur deswegen, weil ich nicht dazu beitragen will, das über die Verlinkungen die Bekanntheitswelle für die Aktion höher schlägt. Auch wenn das als naiver Versuch, sich nicht in den Dienst der Werbung zu stellen, erscheint, so ist es doch die einzige Möglichkeit, die mir ad hoc einfällt. Denn die einzig schlechte Werbung ist gar keine Werbung.

Mittwoch, 26. April 2006

Rund um die Uhr

Sonntag nacht um 1.00 Uhr ins Bett. Montag früh 8.30 Uhr aufgestanden. Yayh, es ist noch so viel vom Tag übrig. Freude. Montag nacht 1.30 Uhr ins Bett. Dienstag morgen vom Wecker um 9.30 Uhr rausgeprügelt. Schon wieder etwas ernüchtert, weil eine Stunde weniger vom Tag. Jetzt ist es 2.00 Uhr. Ich liege noch nicht einmal. Keine günstige Prognose für morgen früh. Schönes Wetter verschlafen nervt. Und Schichtdienst zerstört den normalen Schlaf-Wach-Rhythmus. Das strengt an, von Jahr zu Jahr mehr. Und das obendrein die innere Uhr eines Menschen für 25 Stunden ausgelegt sein soll, wie einige Wissenschaftler behaupten, macht mich auch nicht glücklich.

Montag, 24. April 2006

Überproportional

In Fr. Pia's letztem Podcast geht es um das Thema "Klamottenkauf", bis vor wenigen Jahren eines meiner größten Reizthemen. Dazu sollten Sie wissen, das ich amtliche 2,04 Meter an die Messlatte bringe, eine Laune meiner Gene, auf die ich nur bedingt stolz bin. Am wenigsten Freude bringen mir meine Erbanlagen eben genau dann, wenn ich auf der Suche nach neuer Kleidung bin.

Eines der vorrangigsten Auswahlkriterien bei Kleidung ist die Hervorhebung des eigenen Stils. Mit den Klamotten, die man trägt, trägt man immer ein Stück seiner eigenen Persönlichkeit nach aussen. Bis vor einigen Jahren war die einzige Message, die ich meiner Umwelt andienen konnte, dass ich mich den Notwendigkeiten unterordne. Nicht, dass es nicht auch schon damals Übergrößen gab. Nur gingen damals offensichtlich alle Hersteller davon aus, das sie die Maße für Normalgrößen nur maßstabsgerecht vergrößern müssten. Um diesen Klamotten zu entsprechen, hätte ich an die 130 Kilo wiegen müssen. Ergo litt auch ich unter dem bekannten Kartoffelsack-Syndrom. Dazu sehen vorgewaschene Jeans nicht unbedingt besser aus, wenn man die Abschlussnaht auslässt.

Seit ein paar Jahren entspannt sich die Lage aber zusehends, was ich nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken habe, das ein guter Freund von mir einen Klamottenladen unterhält und dankenswerterweise beim Einkauf auch gerne Gardemaße berücksichtigt. Dafür nehme ich im Gegenzug gerne in Kauf, manchmal etwas overdressed zu wirken, ich habe schliesslich auch etwas nachzuholen. Liebster A., bald stehe ich wieder in deinem Laden, und ich werde sehr kaufwillig sein, also mach mich glücklich :D

User Status

Du bist nicht angemeldet.

On air

Profil

Keine Zielgruppe
Get Firefox!
No IEXPLORE-Button
button-aids

Kleingedrucktes

Ich übernehme die Verantwortung aus- schliesslich für Inhalte, die von mir selbst verfasst wurden. Diese Inhalte spiegeln meine subjektive Meinung wieder, dass dafür so authentisch, wie es mir Kraft meines Wort- schatzes möglich ist. Ich habe keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Richtigkeit oder political correctness der von mir erstellten Beiträge, und werde entsprechende Ansprüche eventueller Leser nicht, nur mit großem Widerwillen oder in seltenen Fällen mit großer Freude bedienen. Die dazugehörende Entscheidungsfindung, so sie denn überhaupt bewußt stattfindet, werde ich nicht zwangs- läufig transparent machen. Des weiteren übernehme ich keinerlei Verantwortung für den Inhalt der von mir (oder von Lesern in den Kommentaren) verlinkten Webseiten. Ich behalte mir vor, Kommentare kommentarlos zu löschen, die einen Leser sympathisch zu finden, und wieder andere als Honks zu betrachten. Bei dieser Entscheidungsfindung, so sie denn überhaupt bewußt stattfindet, lasse ich mich nicht beeinflussen und bin für Negativkritik nicht zugänglich. Zynismus begrüße ich in jeder Form und Farbe.

e-Post an: captain|_|coma|at|hotmail|dot|com

Vigilanzkontrolle

Online seit 6788 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 5. Aug, 15:26

Credits

powered by Antville powered by Helma

sorua enabled
Creative Commons License

xml version of this page
xml version of this topic

twoday.net AGB


Blickwinkel
Gutmenschentum
Make my day
Mucke und so
Netzbeute
Schöne neue Welt
Sehstoff
Sinnsuche
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren