Am Freitag sass ich wieder auf dem hässlichsten Liegestuhl von allen. Den mit der großen Lampe drüber, dem Wasserbecher und dem Spucknapf links und dem Sammelsurium verschiedenster Bohrer rechts. Ein Zahnarztstuhl also. In einer Zahnarztpraxis, praktischerweise. Und weil es sich gerade so angeboten hat, saß die Zahnärztin links und ihre Helferin rechts. Weil ich nicht so fehl am Platze wirken wollte, hatte ich den
Kofferdam im Mund. Sah bei mir übrigens genauso schick aus, wie auf dem Foto im Link rechts oben, zumindest in meiner Vorstellung. Und weil wir da also gerade so schön versammelt waren und ich den Kofferdam einmal im Mund hatte, haben wir dieses Ereignis mit einer Wurzelbehandlung gefeiert. Eigentlich zwei Wurzelbehandlungen, um genau zu sein. Und um Haare zu spalten: die Fortsetzung von zwei begonnen Wurzelbehandlungen. Jetzt höre ich schon, wie sich alle vor Schmerzen winden. Aber halt: man darf auch vor der Wurzelbehandlung anästhesieren, und damit wirds eigentlich locker. Da kann man schön entspannt den einzelnen Feilen zusehen, die einem in den Zahn wandern. So geht es mir zumindest, weil ich mich angesichts der Länge immer freue, das ich so rein gar nichts davon mitbekomme.
Früher, da habe ich meine Zahnärztin öfters verblüffen können. Da war sie noch keine Zahnärztin, wir beide waren noch am Gymnasium und wir zwei führten diese Art Jugendbeziehung, die ewig halten sollte. Wobei, aus heutiger Sicht habe ich sie wohl weit seltener verblüfft, als es gut gewesen wäre, vor allem nicht immer im positiven Sinne. Aber so ist das wohl generell mit Jugendlieben.
Am Freitag jedenfalls konnte ich sie mal wieder verblüffen, auch wenn ich rein gar nichts bewußt dazu beigetragen habe. Da musste sie nämlich nach einer halben Stunde halb fasziniert, halb genervt feststellen, das die Wurzeln in einem meiner Zähne (einem Prämolaren, für die Ortskundigen) glatte 26 Millimeter lang sind, während sie bei durchschnittlicheren Menschen 15-18 Millimeter tief in den Kiefer ragen. Versuchen Sie, das zu toppen ;)
Das weitaus Nettere an diesen Zahnarztsessions sind die nachmittäglichen, quasi apres-dentist-Unternehmungen. Da ergibt sich immer viel Zeit zum Quatschen, natürlich nicht über Jugendlieben oder Zahnwurzeln. Das sind Nachmittage zum Geniessen. So wie letzten Freitag. Da gehe ich dann auch mal einigermassen gerne zum Zahnarzt.
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